Mit der Brille auf Reisen Virtiv aus Halle erstellt interaktive Computersimulationen

Halle (Saale) -
Der Blick in die Kirche beeindruckt Daniel Mischner. „Das sieht ja genial aus“, sagt der 38-Jährige. „Sind das die neuen Aufnahmen?“, fragt er Steffen Melzer. Der sitzt neben ihm und nickt. Die beiden sind Geschäftspartner. Vor etwas mehr als fünf Jahren haben sie gemeinsam die Firma Virtiv gegründet. Ab Montag präsentieren sie ihr Unternehmen erstmals auf der Cebit in Hannover, der größten Technologie-Messe der Welt.

Mischner und Melzer produzieren VR-Inhalte. Das Kürzel steht für „Virtual Reality“. Einfach ausgedrückt, erstellt sie mit Hilfe von Computern erzeugte Abbilder der Realität. Eines ihrer wichtigsten Produkte sind interaktive Panoramen. Diese 360-Grad-Ansichten von Gebäuden oder Räumen sind so optimiert, dass man sie sich auf dem PC oder Mobiltelefon ansehen kann. Am eindrücklichsten ist die Betrachtung der virtuellen Abbilder allerdings mit spezielle dafür gefertigten Brillen.

Telefon mit Lupe

Eine solche hat Mischner gerade auf. Sie ist klobig und bedeckt sein halbes Gesicht. In ihr steckt ein Mobiltelefon, dessen Display durch eine Lupe vergrößert wird. Hat man die Brille auf, entsteht der Eindruck, dass man sich mitten in dem Panorama befindet. Immersion wird dieser Effekt genannt. Für Mischner scheint es gerade so, als würde er in der Kirche stehen.

„Das ist ein Projekt, bei dem wir touristische Ziele in Mansfeld-Südharz fotografiert und als Panoramen aufbereitet haben“, erzählt Melzer. In den virtuellen Abbildungen ist jeweils eine Navigation untergebracht, mit der Betrachter von der einen zur nächsten Sehenswürdigkeit springen können. So ist es möglich, die schönsten Ziele im Kreis Mansfeld-Südharz zu sehen, ohne dort gewesen zu sein.

VR-Anwendungen, wie sie Virtiv produziert, sind derzeit eines der großen Themen der Technologie-Branche. In der Spieleindustrie gelten sie als einer der künftigen Wachstums-Faktoren. Vorstellbar und mitunter schon realisiert, sind Computerspiele, in deren Welten man mittels einer VR-Brille eintaucht. Aber auch für Firmen wird dieser Bereich immer attraktiver.

Die Idee, sich auf diesem Feld selbstständig zu machen, kam von Melzer. Er und Mischner hatten sich Mitte der 2000er-Jahre auf der Cebit kennengelernt. „Damals arbeiteten wir beide im Vertrieb großer Technologiehersteller“, erzählt Mischner. Sie blieben im Kontakt, trafen sich immer wieder in Halle. Melzer stieg im Vertrieb eines IT-Großkonzerns immer weiter auf. Mischner engagierte sich in Halle im Eishockeyclub, der heute unter dem Namen „Saale Bulls“ bekannt ist. Derzeit ist er Präsident.

„Dass er sich in Halle so etwas festes aufgebaut hatte, habe ich damals immer bewundert“, erzählt Melzer. Er sei immerzu unterwegs gewesen, europaweit. „Irgendwann wollte ich das nicht mehr.“ Bei einem Eishockey-Spiel schlug er schließlich Mischner vor, ein 360-Grad-Panorama von der Eissporthalle zu erstellen, in der die Saale Bulls damals spielten. Das Ergebnis gefiel beiden so gut, dass sie ein Geschäft daraus machten.

Mittlerweile haben sie hunderte solcher Panoramen produziert. Zu ihren Kunden zählen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. „Steffen ist der kreativere Part von uns beiden, der sich auch mit der Programmierung auskennt“, sagt Mischner, der die eine Hälfte der Woche bei den Saale Bulls und die andere bei Virtiv arbeitet. In der Firma kümmere er sich um die kaufmännische Seite und den Vertrieb. „Wir ergänzen uns da sehr gut“, sagt Mischner.

Rasante Entwicklung

Auf der Cebit wollen die beiden Unternehmer ihre Produkte einem breiteren Publikum vorstellen und so testen. „Uns interessieren aber auch die neuesten Trends und Geräte auf diesem Gebiet“, sagt Melzer. Da sei eine rasante Entwicklung zu erwarten. Leistungsstärkere Mobiltelefone etwa, die dann wiederum neue Anwendungen ermöglichen. „Ein großes Thema werden jetzt 360-Grad-Videos“, sagt Melzer. Und auch damit experimentiere Virtiv bereits. (mz)

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